Aparigraha – Empfangen statt Erwarten oder Minimalismus auf allen Ebenen

Es geht heute um das Empfangen statt Erwarten. Manche übersetzten es für sich auch gerne als Minimalismus, was ich auch nicht verkehrt finde. Für mich ist beides greifbar.

Zu Beginn meiner Quarantäne habe ich mich wahnsinnig einsam und gefangen gefühlt. Ich hatte keinen Blick für die Fülle um mich herum und war in meinen Gedanken verhaftet. Ich fühlte mich fast so wie missachtet. Da war kein sozialer Austausch. Da war es ganz egal, ob es um private oder geschäftliche Kommunikation ging. Alles war im Stillstand und irgendwie ging das mit meinem Erwartungen nicht überein.

Dabei hatte ich vielmehr Zeit um achtsam zu sein und vor allem musste ich mich nicht über unachtsame oder überflüssige Kommunikation ärgern. Ich bin ein Fan von weniger ist mehr und das betrifft auch die Anzahl der Wörter und Sätze, die aus Menschen herauskommen, wenn es schlussendlich lediglich darum geht Fakten zu teilen.

Im Grunde bedeutet Aparigraha Bescheidenheit. Bescheidenheit im Alltag, die in sehr unterschiedlichen Formen praktiziert werden kann. Schließlich geht es bei allen philosophischen Empfehlungen des Yoga um einen bewussten Umgang mit Menschen, Dingen, Situationen und auch um bewussten Umgang mit mir selbst und meinen eigenen Gedanken.

Durch unsere ständige Erreichbarkeit, sobald wir Handyempfang haben, steigen auch unsere Erwartungen an andere. Als ich mich so isoliert gefühlt habe, hatte ich meinen Fokus zunächst mehr bei den anderen, als bei mir. Es fiel mir anfangs regelrecht schwer mich wieder nur auf mich zu konzentrieren, mich zu fühlen und die Wahrnehmung auf den kleinen Kreis meines häuslichen Umfelds zu legen. Das Herzhüpfen, wenn ein lieber Mensch sich spontan meldet blieb aus, weil sich keiner gemeldet hat. Das gute Gefühl musste her, aber aus mir selbst heraus.

Nach mehreren Podcasts, Meditationen und achtsamen Putzen und Handwerken ist mir das auch wieder gelungen und rückblickend kann ich sagen, dass es eine spannende Reise vom Außen ins Innere war. Nach 2 Wochen Quarantäne gelingt es mir sogar meine Yogaausbildungsordner loszulassen. Stundenbilder, Meinungen, Zitate, Hilfestellungen. Ich habe nur in den ersten Monaten hineingeschaut, aber schon seit Jahren nicht mehr. Es waren mir zu viele Meinungen, Konzepte, Ansätze. Ich habe mich richtig verbaut gefühlt und dachte immer, ich muss das alles irgendwie in meinen Unterricht bekommen.

Nun bin ich aber endlich an dem Punkt angelangt, dass ich glaube, dass ich das, was ich authentisch unterrichten kann, bereits in mir trage. Ich besuche weiterhin Fortbildungen und ich merke, dass ich mir nur Bruchteile davon merke, aber das sind genau die, die ich auch zur Anwendung bringe.

Nie hätte ich gedacht, dass ich diese Ordner anrühren werde! Doch es ging ganz leicht. Genauso ging es mir mit meinen Unterrichtsordnern aus meinem Schuljob. Nur der eine Ordner, der dicht bestückt ist mit den Unterlagen einer Ausbildung, die ich vor Jahren mal in den USA mal machen wollte, geballt mit physiologischen und anatomischen Fakten. Irgendwas hängt da noch, aber ich habe ja noch 2 Wochen Quarantäne, wer weiß, was da noch loslässt.

Ich merke auch, dass ich seitdem mehr Geduld habe, innerlich ruhiger bin und sogar mein Handy stundenweise nicht vermisse. (Im Urlaub trage ich es gar nicht bei mir). Ich spüre wieder ein wenig mehr die Essenz, worum es mir geht, was ich wirklich brauche. Es fällt mir leichter meine Gedanken zu vollenden und so nähere ich mich dem, was ich eigentlich will, wieder mehr an.

Das Sanskrit-Wort „Parigraha“ bedeutet Unterstützung, aber auch Erhalten und Annehmen. Durch das „A“ , das vorangestellt wird, wird dieses Wort zu einer Empfehlung,  die wir kultivieren dürfen, um unser Verhalten im Sinne der yogischen Bewusstseinsentwicklung anzupassen, indem wir unseren inneren Erwartungszustand in einen „Heute erwarte ich nichts“-Modus umstellen.

Im Alltag gilt also einfach, heute erwarte ich nichts, morgen unterstelle ich anderen nichts, übermorgen nehme ich nichts an, was nicht mir oder zu mir gehört (das kann Materialles als auch Immaterielles sein).

Das kann helfen, unser Ego kleiner werden zu lassen, statt immer größer. Wir können uns dann mit viel weniger, viel reicher, viel erfüllter und viel entspannter fühlen.

Aber ich kann ja leicht reden. Mir bleibt gerade nichts anderes übrig, als bescheidener zu handeln und zu leben. Ich würde mich heute über einen bunten Salat freuen, aber ich habe nur noch Karotten in meiner häuslichen Quarantäne 😊. Ich bin mir aber sicher, es schmeckt so gut wie im Campingurlaub. Da schmeckt es mit „Weniger ist mehr“ auch immer lecker.

„Alles kommt zu dem, der warten kann“ habe ich mal irgendwo gehört, in diesem Sinne

bleibt fröhlich 😊

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