FREIlaufen

FREIlaufen

Bis vor wenigen Monaten habe ich jedem geglaubt, vor allen den psychologisch geschulten Menschen, dass ich gerne vor Dingen davon “laufe“. Wenn ich merke, dass ich Abstand brauche, einen klaren Geist und frischen Sauerstoff für die Zellen, gehe ich laufenDas mache ich schon von Kindheit an so. Ich habe damit als 12jährige begonnen und das Laufen hat mir immer geholfen, den Kopf freizubekommen.

Heute weiß ich, dass es nie um das Weglaufen geht, auch nie ging, sondern um das FREIlaufen.

Laufen hat mir geholfen, persönliche Grenzen – im Kopf – zu bezwingen und zu verschieben. Mentale Zähigkeit durch Sport nennt man das! Es gibt darüber mittlerweile sehr interessante, internationale Studien.

Der Sport kann uns helfen, klarer zu sehen und zu erkennen, wo wir im Leben stehen und kann uns helfen, weiter zu gehen und die nächsten Hürden zu nehmen. Es geht bei Hindernissen und Stürzen nicht um das Fallen und Aufstehen, sondern vor allem um das „nach vorne fallen“.

Einfach weitermachen. Als angehender Teenager dachte ich immer: „Wenn ich es schaffe 10 km zu laufen, dann kann mir keiner und nichts etwas anhaben, dann haut mich so schnell nichts um (weil ich schaffe es ja auch 10 km zu laufen)“. Das war natürlich erstmal sehr kindlich gedacht, aber da ist was Wahres dran!

Es hätte die 80km am Stück, die ich mit 18 gelaufen bin nicht gebraucht, aber gut getan, haben sie trotzdem irgendwie. Ich weiß, dass ich meinen Geist bezwingen und meine Glaubenssätze und Einstellungen über mich und mein Leben verändern kann und mein Körper hilft mir dabei! Genauso wie ich meine Muskeln, Gelenke und Knochen forme und trainiere, kann ich meinen Geist trainieren und tatsächlich ohne dass ich es mir gezielt vornehme. Durch die körperliche Bewegung geschieht ganz nebenbei das mentale Coaching. Bewegungen, die uns in den Fluss bringen, in den „Flow“ sind hervorragend dafür geeignet sich zu entgrenzen auf der geistigen Ebene.

Es ging mir tatsächlich nie um Leistungssteigerung, auch wenn sich die Hinweise verdichteten, dass ich sportsüchtig sein könnte. Aber das war nicht der Fall, obwohl es sich in einigen Punkten so angefühlt hat. Es war irgendwann dieser „Thrill“ – diesen Zustand des freien Fließens zu erreichen, den Bewusstseinszustand in dem man sich total weit anfühlt, mit sich und allem verbunden, zuhause, bei sich, im Einklang mit der Natur, verbunden und im Vertrauen mit dem großen Ganzen.

Heute kenne ich auch andere Methoden, um in diesen Zustand zu kommen. Aber glaubt mir – ich bin zwar seitdem voller Hoffnung und Vertrauen, dass sich alles fügt und ich habe wirklich erlebt und gefühlt, dass alles möglich ist, aber ich bin nicht von einem Umfeld umgegeben gewesen, dass mich dahin gehend gefördert oder mir geglaubt hätte. Ich war eher immer so ein wenig „besonders“ und ein Einzelgänger. Allein am liebsten – aber ich habe mich nie einsam gefühlt, wenn ich in Bewegung war. Zuhause und in meiner Familie dagegen war ich einsam. Faktisch allein und auch noch einsam und das war grauenhaft.

Diese mentale Stärke, von der ich ja bislang nicht wusste, dass es eine mentale Stärke gibt, hat mich in das Sportstudium geführt. Mein Herzenswunsch war es eigentlich etwas mit Fotografie zu machen, aber irgendwie musste es weiterhin die Bewegung sein. Nebenbei habe ich Medizin im Nebenfach studiert. Ich war also umgehen von Faktenwissen und habe gelernt alles, was ich von mir gegegeben habe, zu belegen und zwar mit wirklich evidenzbasierten Fakten. Das es so etwas wie Esoterik gibt, wusste ich bis dato gar nicht. Und als ich dann aber immer mehr Menschen begegnet bin, die mir ihre Zustände beschrieben habe und diese ganz ohne Sport erreicht haben, habe ich zunächst nach Beweisen gesucht.

Heute brauche ich sie nicht mehr. Heute ist die Studienlage groß genug und es erschließen sich immer mehr Forschungsfelder, so dass sich das, was ich erlebt habe, immer mehr bestätigt. Ich habe von jeher erfahren, dass Bewegung mein Immunsystem beeinflusst, dass Atemhunger (Hyperventilation beim Langstreckentauchen) mir mehr Power und Durchhaltevermögen gibt, dass es bestimmte Bewegungen gibt, die mich schneller in diese besonderen Zustände gelangen lassen, in denen man sich einfach grenzenlos und „frei“ fühlt, oder aber sogar zuhause.

Wichtig ist, dass man hier nicht von sportlicher Leistung spricht, sondern einfach nur von bewusster Bewegung. Es geht nicht um Bewertung oder das „Höher, Schneller, Besser“. Denn das ist eher absolut kontraproduktiv, um in diesen offenen mentalen Zustand zu gelangen.

Ob es nun durch Yoga gelingt, Atemübungen, andere energetische Übungsformen, verschiedenen Arten von Meditationen, ich bediene mich mittlerweile aller Wege und auch wenn ich Dinge einfach nur immer wieder wiederhole – dieselbe Strecke immer wieder laufe, dieselbe Yogapraxis wiederhole (wie im traditionellen Ashtanga), es ist immer wieder anders, weil ich mich „entgrenze“ und ganz ins Spüren und Tun komme.

Eine Krebspatientin hat mir auf meiner Tour durch die Natur rückgemeldet, dass sie dieselbe Strecke nicht zurückgeht, weil sie aus Prinzip nicht mehr denselben Weg geht. Das hat sie mit ihrer Erkrankung beschlossen. Wir haben daraufhin aufwendig und unter Hochspannung einen schnell fließenden Wildfluss durchquert, der mehr Mühe, Aufmerksamkeit und Risikomut erforderte, als der „normale“ Rückweg.

Heute weiß sie, dass es nicht die Wege sind, die sie einengen, sondern die Einstellung mit der sie diese Wege beschreitet! Auch ein steiniger Pfad kann sich beglückend anfühlen und es ist oft erstaunlich wie anders die Wege aussehen, wenn wir sie Retour gehen, weil mir die Perspektive wechseln. Das ist ein gutes Training für den Geist.

Geh eine Strecke immer wieder ganz bewusst und öffne dich für die Dinge, die dir passieren, die du siehst, spürst, fühlst. Es wird immer ein wenig anders sein. Und so ist das auch mit unseren Lebenswegen. Selbst wenn wir lange Zeit auf demselben Lauf laufen, im selben Trott feststecken, wir haben immer die Wahl innezuhalten und die Situationen neu zu „erkundigen“ (ich schreibe bewusst nicht bewerten). Ich persönlich finde, dass die Bewegung dazu, die Erkenntnisse direkt noch tiefer sickern lässt, weil es einen emotional so viel mehr packt und „klick“ macht. Und diese packenden Momente sind es dann, die uns helfen, die Richtung in unserem Leben grundsätzlich zu verändern oder aber diesen Wegen mehr Tiefe (Leidenschaft, Genuss, Freude) zu verleihen.

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