Friedlich sein. Nah sein

Ich betreue in diesem Schuljahr das Fach Friedenspädagogik an einer Montessori-Schule im Südosten von München und möchte in diesem Blog gerne eine ganz wundervolle Erfahrung teilen, die ich machen durfte…

Mittwochsmorgens in einem Klassenzimmer

Ein Durcheinander. Kaum jemand kann stillsitzen. Es wird gekaspert. Nicht alle haben ihre Unterlagen dabei. Es wirkt unorganisiert. Vor mir versuchen 5. und 6. Klässler für meinen Unterricht in Friedenspädagogik einigermaßen stillzusitzen und sich zu konzentrieren.

Kaum jemand zeigt anfangs großes Interesse an „Frieden“, bis sie merken, was sich alles dahinter verbirgt. Mein Ansatz ist vor allem der, zu vermitteln, dass wir selbst Teil des Friedens sind und wenn wir nicht in Frieden mit uns sind, dann können wir der Welt da draußen keinen großen Beitrag leisten.

Über die eigenen Bedürfnisse und das Thema Dankbarkeit nähern wir uns immer man und beginnen mit dem Themenbereich Freundschaft, der so vielschichtig sein kann.

Mein persönliches Experiment ist es, den SchülerInnen und Schülern einen Film zu zeigen über ein „Augenexperiment“, dass im Auftrag von Amnesty International durchgeführt wurde.

„Schau mir in die Augen, Fremder“:

Amnesty hat Europäer und Flüchtlinge zusammengebracht und dokumentiert in einem eindrucksvollen Video, wie Barrieren fallen. Was macht es mit Fremden, wenn sie sich vier Minuten in die Augen schauen? In dem Video sehen wir wie ein Europäer und ein Flüchtling sich gegenübersitzen und vier Minuten lang miteinander Augenkontakt halten. In dem Video wird auch gelacht, es fließen Tränen, man sieht Schüchternheit und am Ende sieht es aus wie Freundschaft zwischen diesen Menschen.

Meine Idee war es anfangs nur den Film mit den Schülerinnen und Schülern zu besprechen und eine weitere Brücke zum Thema Freundschaft zu bauen. Überraschenderweise waren sie interessiert, dieses Experiment auch einmal durchzuführen und ich hatte meine Bedenken, dass es in einem albernen Durcheinander enden würde. Ich beschloss einen großen Sitzkreis mit allen und die Aufgabe war es, anderen im Kreis in die Augen zu sehen. Einige konzentrierten sich auf ein Paar Augen, andere schauten achtsam umher in wechselnde Augenpaare.

Das ging leicht! Ich war positiv überrascht, dass die Schülerinnen und Schüler sich neugierig und interessiert zeigten, das Experiment jetzt genauso wie im Film selbst durchzuführen. Sie setzen sich paarweise gegenüber in einem gewissen Abstand und ich stoppte die Zeit, die plötzlich stillzustehen scheint in diesem Klassenzimmer.

Alles ist nun still. Alle sitzen ruhig. Wenig Gezappel. Es wird friedlich in der Klasse. Die Stimmung verändert sich. So viel Frieden, so viel Nähe auf einmal in so kurzer Zeit ohne Worte, ohne Hilfsmittel. So einfach.

Ich bin gerührt. Einige Schülerinnen und Schüler schreiben nach der Stunde drei Dinge auf, für die sie dankbar sind. Heute gibt es viele, die einfach nur RUHE notieren in ihre Dankbarkeitsspirale.

Es gibt davon keine Bilder. Das hätte den Frieden gestört. Aber wer möchte, der schaut sich das Originalexperiment einfach selbst an und lässt sich berühren.

Look Beyond Borders – 4 minutes experiment – Amnesty International Ireland

Viel Spaß beim Hinschauen 🙂

Silke

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